Die erste Abstimmung, mit der die Ratsmitglieder und die Sachkundigen Bürger*innen in die Fachausschüsse gewählt wurden, fand in der konstituierenden Ratssitzung am 19. November statt. Um zu ermitteln, wie viele Sitze den Fraktionen des 86köpfigen Rates in den zumeist 15köpfigen Fachausschüssen zustehen, wird laut Gemeindeordnung das Rechenverfahren nach Hare-Niemeyer angewendet. Damals erhielten in den 15köpfigen Ausschüssen die SPD 5 Sitze, die Grünen 3, die CDU 3, Linke 1, AfD 1, UWG/Freie Bürger 1 und FDP 1. Die beiden je 2köpfigen Ratsgruppen von PARTEI und Stadtgestaltern waren trotz eines Leihstimmenmanövers leer ausgegangen.
Ende November schlossen sich die Ratsmitglieder von PARTEI und Stadtgestaltern zu einer 4köpfigen Fraktion zusammen – aus unserer Sicht ein fragwürdiger Schritt, denn für die Wähler*innen beider Parteien war es vor der Wahl nicht im Geringsten erkennbar, dass sich beide Kräfte nach der Wahl zusammenschließen könnten. Der Zusammenschluss erfolgte ganz offensichtlich primär aus der Motivation heraus durch die Fraktionsbildung Ausschusssitze zu erringen, die man als 2köpfige Gruppe nicht hätte erringen können: So forderte die neue Fraktion PARTEI/Stadtgestalter kurz nach dem Zusammenschluss zur neuen Fraktion eine Neuwahl der Ausschüsse unter Berufung auf den in der Gemeindeverfassung herrschenden Grundsatz, wonach die Zusammensetzung der Ausschüsse die Kräfteverhältnisse im Rat widerspiegeln soll.
Deshalb wurden im Rat am 17. Dezember die Ausschüsse ein zweites Mal gewählt. Das Ergebnis war das Gleiche wie im November, da insgesamt 4 Ratsmitglieder von SPD, Grünen und CDU von ihrem Recht auf freie Mandatsausübung Gebrauch machten: Je zwei Stimmen gingen als Leihstimmen an FDP und UWG/FB. Die PARTEI/Stadtgestalter gingen so erneut leer aus, weshalb die neue Fraktion wiederum unter Verweis auf den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichte.
Das Verwaltungsgericht erachtete die freie Mandatsausübung in seinem Beschluss vom Januar dann überraschenderweise als dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz untergeordnet. So blieb dem Rat nach eingehender juristischer Prüfung nichts Anderes übrig, als die Wahl der Ausschüsse ein drittes Mal auf die Tagesordnung zu setzen. Die Alternative wäre eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht gewesen. Das hätte jedoch bedeutet, dass die Ausschussarbeit auf unabsehbare Zeit mit einer Unwägbarkeit behaftet gewesen wäre. Gut fünf Monate nach der Kommunalwahl war es der Mehrheit im Rat jedoch wichtiger endlich zu den Sachthemen zu kommen, als eine an sich wichtige rechtliche Fragestellung durch alle Instanzen zu fechten.
Am 25. Februar schließlich erhielten in den dreizehn 15köpfigen Ausschüssen die SPD 5 Sitze, die Grünen 3, die CDU 3, Linke 1, AfD 1 und PARTEI/Stadtgestalter 1. UWG/Freie Bürger erhielten in 7 Ausschüssen einen Sitz, die FDP in 6 Ausschüssen einen Sitz. Um einem Losverfahren zu entgehen, hatten sich UWG/Freie Bürger und FDP vorab abgesprochen. Höchst ärgerlich war es, dass die UWG/FB-Fraktion die Sitzung durch die Beantragung von geheimer Abstimmung völlig überflüssigerweise in die Länge gezogen hatte.
Fazit: Durch die Vorgänge um die Ausschusswahlen in Bochum wurde mehr als deutlich, dass es eine Lücke in der Kommunalverfassung gibt. Einerseits sollen die Ausschüsse durch freie Wahlen gebildet werden, andererseits dürfen sich die Ratsmitglieder bei der Ausübung ihres Mandats nur in äußerst engen Grenzen bewegen, um nicht den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz zu verletzen. Diesen Widerspruch sollte der Gesetzgeber schleunigst auflösen. Zum Beispiel indem vorab rechnerisch die einer jeden Fraktion zustehende Zahl an Sitzen im Ausschuss ermittelt wird und die Sitzinhaber dann nur noch durch die jeweilige Fraktion – ohne eigentliche Wahlen – benannt werden.