Sibirische Sitzung

By 9. Dezember 2020Dezember 17th, 2020Bochum-Südwest

Bezirksvertretung Bochum – Südwest 9. Dezember 2020

Bericht von Bezirksvertreter Martin Petermann:

In diesen Zeiten ist jede Sitzung der Bezirksvertretung irgendwie ungewöhnlich. Die Pandemie erzwingt immer wieder neue Lösungen. Dieses Mal fand die Sitzung zwar wieder im Saal der Verwaltungsstelle Weitmar statt, der dafür allerdings grundlegend umgebaut werden musste. Die neue Sitzordnung hätte auch zum Schreiben einer Klausur gepasst: Einzeltische in einem Abstand, der die Kommunikation ziemlich erschwert. Nicht so ideal für eine Sitzung, die von Kommunikation lebt. Dazu wurden alle 20 bis 30 Minuten die Fenster geöffnet. Bei einstelligen Außentemperaturen wurde es doch schnell kühl und zugig im Saal. Besonders die SPD-Plätze direkt an den Fenstern waren diesmal kein Platz an der Sonne, sondern eher ein Platz vor dem geöffneten Kühlschrank. Schülerinnen und Schüler müssen dies derzeit jeden Tag aushalten. Die Menschen, die sich die Lüftungsregelung für Schulen ausgedacht haben, sollten diese auch selber erleben müssen. Vielleicht würde man dann schneller zu anderen Lösungen kommen.

Die fachkundigen Gäste der Bezirksvertretung – meist Mitarbeiter der Stadtverwaltung – waren aus Platzgründen nicht wie zu normalen Zeiten direkt im Saal, sondern mussten auf dem Flur warten. Sie wurden bei ‚ihrem‘ Tagesordnungspunkt durch eine Tür hereingeführt und durch eine andere Tür entlassen. Das hatte etwas von Theater.

Vier Stunden sollte diesmal die Sitzung dauern. Langweilig wurde es nicht, es gab viele interessante Themen. Auf einige Themen möchte ich der Folge eingehen. Die komplette Tagesordnung ist hier inklusive der Vorlagen nachzulesen. Eine offizielle Niederschrift wird folgen.

Veränderungssperre Bebauungsplan Nr. 239 b in Weitmar

Eine Veränderungssperre kann über ein Gebiet verhängt werden für das ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Für eine Zeit von zwei Jahren ist dann keine Maßnahme gestattet, die das Gebiet wesentlich verändert. Diesmal ging es um ein Gebiet, dass aus genau zwei Gebäuden besteht. Es befindet an der Hattinger Straße direkt gegenüber dem Betriebshof der BOGESTR und beherbergt zurzeit unter anderem einen Autohändler und einen Händler für Gartengeräte und Baumaschinen. Für dieses Gelände hatte ein Discounter Interesse angemeldet. Also eine Ansiedlung, die negative Auswirkungen auf das Stadtteilzentrum Weitmar-Mitte haben könnte und zusätzlich noch mehr Verkehr für die gut ausgelastete Hattinger Straße bedeuten würde. Das ist politisch so nicht gewollt und wird durch einen neuen Bebauungsplan verhindert werden. Dessen Aufstellung kostet jedoch schon aus formalen Gründen eine Menge Zeit. Deshalb die Veränderungssperre.

Baumaßnahme Feuerwehrhaus für die Löscheinheit Linden

Ursprünglich sollte das alte Feuerwehrhaus saniert und durch ein neues Gebäude ergänzt werden. Bei genauerer Untersuchung der Bausubstanz des Turmgebäudes aus dem Jahr 1908 wurden jedoch große Schäden am Holzbauwerk festgestellt, die nicht nur Mehrkosten von geschätzt 1,8 Millionen Euro verursachen, sondern auch die Zeitplanung komplett zerstören. Da die jetzt untersuchten Räume bisher bewohnt wurden war diese Untersuchung vorher nicht möglich gewesen. Die Holzkonstruktionen des Daches, der Decken, Wände und Böden sind in großen Teilen durch holzzerstörende Pilze massiv geschädigt.

Stattdessen ist ein Neubau an der Lindener Straße 109 beschlossen worden. Der wird zwar auch eine Menge Geld kosten (geplant 5.4 Millionen €), hat aber trotzdem gegenüber der ursprünglichen Planung einen Kostenvorteil von etwa 670.000 Euro. Absurdität am Rande: Die Ausfahrt der Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge muss über die Lindener Straße erfolgen, obwohl das Grundstück auch eine Ausfahrt über die Wuppertaler Straße erlauben würde. Das wäre viel schneller für die Einsatzfahrzeige und würde auch den AnwohnerInnen der Lindener Straße sicherlich gefallen. Nur sind Aus- und Einfahrten auf Landesstraßen nach Auskunft der Verwaltung nicht erlaubt. Klasse!

Da nicht das komplette Grundstück für das Feuerwehrgebäude benötigt wird kann auf dem restlichen Gelände noch Gewerbe angesiedelt werde. Konkrete Planungen dazu bestehen noch nicht. Die Bezirksvertretung gab der Erwartung Ausdruck, dass der Baubeginn für die neue Heimat der Freiwilligen Feuerwehr Linden noch im Jahr 2021 erfolgt.

Dringlichkeitsantrag Bebauungsplan 964 Schloßstraße in Weitmar

In der letzten Wahlperiode hatte die Bezirksvertretung Stellung genommen zu einem städtebaulichen Entwurf für die Bebauung des Geländes. In den Beratungen des Stadtrates ist diese Stellungnahme in dem durch den ersten Lockdown erzeugten Durcheinander untergegangen und nicht berücksichtigt worden. In einem einstimmigen Drinhlichkeitsbeschluss beantragt die Bezirksvertretung, dass ihre Anregungen in den weiteren Beratungen eingebracht werden. Außerdem soll die Bezirksvertretung über den weiteren Verlauf der Beratungen unterrichtet werden.

Hintergrund ist, dass der derzeit bekannte Entwurf eine sehr dichte Bebauung vorsieht. In der Architektensprache nennt man das ‚urban‘, ich nenne das klotzig. Diese Art der Bebauung passt auf keinen Fall in das derzeitige Umfeld. Gefordert wird in dem Beschluss unter anderem eine aufgelockerte Bebauung mit weniger Wohneinheiten, öffentlich zugängliche Grünflächen und eine Konkretisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Der derzeitige städtebauliche Entwurf wird in dieser Form sicherlich nicht verwirklicht werden. Das liegt nicht nur an den Einwänden aus der Politik, sondern auch an Untersuchungen, die danach stattgefunden haben und noch stattfinden werden. Zusammen mit der Ratsfraktion sind wir hier weiter am Ball um eine ökologisch und sozial verträgliche Bebauung zu erreichen. Dazu haben wir weitere Ideen eingebracht wie zum Beispiel den Bau einer Quartiersgarage am Beginn des Wohngebietes um den Bau der bisher geplanten Tiefgaragen zu verhindern. Diese würde einen Teil der Versiegelung verhindern und den Verkehr im neuen Wohnquartier verringern.

Mitteilungen der Verwaltung über Baumfällungen

In unschöner Regelmäßigkeit werden von der Verwaltung die Fällung von Bäumen zur Kenntnis gegeben, die dem Schutz der Baumsatzung unterliegen. Sehr oft wird die mit geplanten Baumaßnahmen begründet. Diese Mitteilungen bestehen aus einer Kartendarstellung mit den geplanten Bau- und Verkehrsflächen, den Standorten der Bäume und einer Liste der Bäume. Die Begründung fällt immer sehr dürr und formal aus: „Die Bäume befinden sich im Baubereich und in der geplanten Feuerwehrzufahrt (…) und können nicht erhalten werden. Eine Ausnahme nach § 6 (1) b BaSa ist bei den beantragten, geschützten Bäumen gerechtfertigt, da ansonsten eine nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässige Nutzung nicht möglich ist oder nur unter wesentlichen Beschränkungen verwirklicht werden kann.“ Aus dem Kartenmaterial ist die Notwendigkeit der Fällungen leider nicht immer ersichtlich. Eine weitergehende textliche Erläuterung erfolgt nicht. Das ist sehr bedauerlich und erzeugt regelmäßig Nachfragen, die schriftlich oder mündlich beantwortet werden. Warum die Begründung nicht schon im Text erfolgt? Die Verwaltung meint, dass dazu nicht genug Personal vorhanden sei. Die mündliche Beantwortung scheint weniger Ressourcen zu erfordern. Interessierte Bürgerinnen und Bürger bekommen von dieser Begründung dann leider nichts mit, da sie nicht in den Vorlagen der Verwaltung steht. Das ist sehr bedauerlich. Wir als Grüne Fraktion hinterfragen jedoch nicht nur die Notwendigkeit der Fällungen, sondern achten auch darauf, dass die Ersatzpflanzungen möglichst auf dem selber Grundstück oder in der Nachbarschaft erfolgen. Grundsätzlich sind auch Ersatzzahlungen möglich, denen wir ablehnend gegenüberstehen.

Anfragen

Eine wichtige Möglichkeit Informationen zu erhalten und auch etwas zu erreichen sind Anfragen, die von der Verwaltung in späterer Sitzung schriftlich zu beantworten sind. Zum Abschluss des öffentlichen Teils der Sitzung gab es diesmal gleich acht Anfragen unterschiedlicher Parteien. Manchmal sind dabei Erfolge auch unmittelbar festzustellen. Auf Initiative von Jannis Mehring hatten wir eine Anfrage zu einer Ampelschaltung für Fußgänger an der Wasserstraße (Höhe Hasenkampstraße) gestellt. Gefragt wurde unter anderem, ob es möglich sei die Grünphase für Fußgänger zu verlängern, da mobilitätseingeschränkte Menschen Mühe haben die Strecke in der geforderten Zeit zu schaffen. Schon vor der Sitzung ist die Verwaltung tätig geworden und hat die Ampelphase deutlich verlängert. Auch kleine Erfolge erfreuen das Herz.

 

 

 

Pläne für das Wohnquartier der Vonovia in Bärendorf

Im nichtöffentlichen Teil stellte die Vonovia ihre bisherigen Pläne für einige Straßen in Weitmar-Bärendorf vor, die unter anderem zu einem ‚Innovationsquartier für Klimaschutz‘ entwickelt werden sollen. Auch im Lokalteil der WAZ gab es vor einigen Tagen dazu einen Bericht. Die Vonovia hat für das Wohnquartier einen umfassenden Maßnahmenkatalog entwickelt. Es soll in begrenztem Maß neue Wohnungen geben, die durch wenige Neubauten und einige Aufstockungen in Leichtbauweise verwirklicht werden sollen. Aber auch die Außenanlagen sollen in Absprache mit den BewohnerInnen aufgewertet werden. Eine ökologisch ausgerichtete Energieversorgung ist geplant und vieles anders mehr. Da ich selber Mieter der Vonovia bin hatte ich ein derartig interessantes Konzept von der Vonovia nicht erwartet. Ich bin gespannt, wie Vonovia das Konzept umsetzt und welche Auswirkungen es auch auf andere Wohnquartiere haben wird.

Wie geht es weiter

Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung ist für den 20. Januar 2020 geplant. Sofern man denn in einer Pandemie noch etwas planen kann. Voraussichtlich wird die Sitzung in der Aula einer Schule stattfinden, damit auch Bürgerinnen und Bürger teilnehmen können.