Rat lehnt Bezahlkarte für Geflüchtete ab

Heute hat sich der Rat der Stadt Bochum mehrheitlich gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete ausgesprochen. Wie bisher können also Menschen, die nach Bochum zugewiesen werden, ein Konto mit Karte der Sparkasse Bochum nutzen. Einige im Rat wollten sich die Bezahlkarten-Schikane, die kein einziges Problem lösen wird, schön reden. Das konnte unser Fraktionsvorsitzender Sebastian nicht unerwidert lassen. Sein Fazit: „Die Bezahlkarte ist kein Win-Win! Sie ist ein Konto mit Deckel drauf. Praktisch fürs Ressentiment, unpraktisch fürs Leben.“ Hier die gesamte Rede von Sebastian mit vielen Argumenten gegen die Bezahlkarte und einigen klaren Worten gegen den derzeitigen Ressentiment-Kurs der CDU:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute diskutieren wir über die Einführung einer Bezahlkarte für geflüchtete Menschen in Bochum. Die Stadtverwaltung empfiehlt, auf die Einführung zu verzichten, während die CDU-Fraktion dies fordert. Als Grüne Fraktion lehnen wir den Antrag der CDU entschieden ab.

Die Leistungen für Geflüchtete wurden zum 1. Januar 2025 gekürzt

-Alleinstehende erhalten nun monatlich 441 Euro, zuvor waren es 460 Euro.

-Paare, die in einer gemeinsamen Wohnung leben, erhalten jeweils 397 Euro, statt zuvor 413 Euro.

Diese Beträge liegen etwa 22 Prozent unter dem Bürgergeld für andere Bedürftige. Angesichts dieser geringen Beträge ist es offensichtlich, dass die finanziellen Mittel kaum ausreichen, um ein würdiges Leben zu führen.

Die Einführung einer Bezahlkarte würde die Situation weiter verschärfen. In Nordrhein-Westfalen ist vorgesehen, dass mit der Bezahlkarte monatlich pro Person maximal 50 Euro in bar zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, dass Geflüchtete nur sehr eingeschränkt Bargeld zur Verfügung hätten. Viele Geschäfte und Dienstleistungen akzeptieren jedoch ausschließlich Bargeld. Beispielsweise werden in Kneipen, Cafés und Schnellrestaurants immer noch die meisten Zahlungen bar abgewickelt. Auch auf Wochenmärkten, in kleinen Läden, der Kirmes im Stadtbezirk oder gerade bei privaten Verkäufen (Stichwort Second Hand) ist Bargeld oft das einzige akzeptierte Zahlungsmittel. Die Einschränkung des Bargeldzugangs würde somit die gesellschaftliche Teilhabe und Integration der Geflüchteten massiv behindern.

Zudem würde die Einführung einer Bezahlkarte einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Statt die Verwaltung zu entlasten, würden zusätzliche Ressourcen gebunden, um die Nutzung der Karte zu überwachen und zu kontrollieren. Dies steht im Widerspruch zu unserem Ziel, effiziente und unbürokratische Lösungen zu schaffen. Und spätestens beim Wechsel vom Asylrecht ins Bürgergeld müsste sowieso ein Konto bei der Sparkasse eingerichtet werden. Wieso also nicht von Beginn an?

Abschließend möchte ich klarstellen, dass wir in Bochum für eine offene und integrative Gesellschaft stehen. Die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete würde diesem Grundsatz widersprechen. Daher lehnen wir den Antrag der Af äh CDU entschieden ab und unterstützen den Vorschlag der Stadtverwaltung, von der Opt-Out-Regelung Gebrauch zu machen.

Ich habe abschließend gesagt,… aber liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen, das über die konkrete Sachfrage hinausgeht – mit ihrer Erlaubnis Herr Oberbürgermeister –

Wenn man sich die Kommunikationslinie der CDU Bochum in den letzten Wochen anschaut – dann erkennt man ein Muster. Da wird ordentlich Stimmung gemacht.

Kurz vor dem Newroz-Fest fordert man scharfe „permanente“ Grillkontrollen – genau an dem Ort, an dem tausend Menschen mit Wurzeln in der Türkei, in Syrien, im Irak zusammenkommen, um friedlich zu feiern. Man beklagt Müll in der Stadt – und zeigt dazu ausgerechnet Bilder einer ausschließlichen Begehung der nördlichen Innenstadt, in der viele migrantisch geprägte Geschäfte angesiedelt sind. Und jetzt die Bezahlkarte – mit diffusen Unterstellungen über ich zitiere aus ihren Veröffentlichungen Sozialmissbrauch, Schleuserkriminalität und Geldtransfers.

Das ist doch kein Zufall. Das ist Methode.

Wer solche Bilder malt, will nicht aufklären – sondern Ressentiments bedienen. Wer das Thema Migration immer wieder mit Schmutz, Müll, Kontrolle und Misstrauen verknüpft, der gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht unwidersprochen bleiben.

Bochum ist eine Stadt, die von Vielfalt lebt. Und wir haben die Verantwortung, Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Elend geflüchtet sind, mit Anstand und Respekt zu begegnen. Denn Anstand und Respekt ist nie eine Einbahnstraße. Erinnern wir uns: Ohne Zuwanderung wäre diese Region niemals groß geworden.

Aber nochmal zurück zum Thema. Die Bezahlkarte ist also nicht nur sachlich falsch – sie ist eben auch Ausdruck eines Misstrauens, das nicht in unsere Stadt passt. Wir sind die Stadt des Miteinanders. Des Füreinanders. Der Solidarität.

Deshalb lehnen wir heute die Bezahlkarte ab. Aus Prinzip. Aus Verantwortung. Und aus Respekt vor den Menschen, um die es hier geht. Es geht um Bochumerinnen und Bochumer und alle die es werden wollen.

Die Bezahlkarte ist kein Win-Win, Frau Becker – sie ist ein Konto mit Deckel drauf. Praktisch fürs Ressentiment, unpraktisch fürs Leben.

Sie bringt keinen Cent mehr ins System, aber ein gutes Kilo mehr Kontrolle und Bürokratie. Sie schafft keine Gerechtigkeit – nur Hürden.

Sie löst kein einziges Problem – aber sie gibt dem Bauchgefühl der Schlagzeile recht.

Und das ist am Ende das Einzige, worum es hier offenbar gehen soll: Ein politischer Showeffekt – auf Kosten derer, die sich nicht wehren können.“

Wir haben die Art und den Stil ihrer Politik im Auge, Herr Herlitz. Da hilft es nicht nur ein paar Gesichter auszutauschen. Sie müssen sich entscheiden ob sie Großstadt-CDU sein wollen, oder lieber Nürnberger CSU Parteitag.“