Grüne missbilligen Gaza-Ausstellung im Bahnhof Langendreer

In einer am 5.9.24 gegen 14 Uhr veröffentlichten Pressemitteilung haben wir die im Bahnhof Langendreer für den 6. September geplante Ausstellung bzw. deren Eröffnung kritisiert und deren Absetzung gefordert. Uns hatten zuvor unterschiedliche Zuschriften erreicht, unter anderem von der GESH, dem Verband der jüdischen Studierenden in Bochum (dem wir für die Linksammlung unten herzlich danken). Kurz vor uns hatte sich auch die Stadt Bochum in Person des Kulturdezernenten Herrn Dieckmann, mit einer Presseerklärung von der Ausstellung distanziert. Etwa gegen 15 Uhr wurde auf der Website des Bahnhof Langendreer die Veranstaltung als „abgesagt“ angezeigt.

Unsere Presserklärung

Die Bochumer Grünen missbilligen die am morgigen Freitag im Bahnhof Langendreer beginnende Ausstellung „Guernica-Gaza“ scharf. Die Bilder eines palästinensischen Künstlers hatten bereits auf der letzten Documenta erhebliche Kritik auf sich gezogen und wurden in dem Documenta-Abschlussbericht als antisemitisch bewertet.

Daniel Gorin, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Rat, erklärt dazu: „Eines der Bilder setzt den verheerenden Bombenangriff der deutschen Luftwaffe auf die spanische Stadt Guernica im Jahr 1937 gleich mit der Reaktion des israelischen Staates auf die seit Jahrzehnten von der terroristischen Hamas aus dem Gazastreifen heraus verübten Anschläge. Diese Lesart der Ereignisse ist Teil von antiisraelischen und antisemitischen Diskursen. Wir wollen nicht, dass diese hier in Bochum befördert werden. Zumal mit dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Norman Paech ein Gastredner zur Eröffnung eingeladen ist, von dem nicht zu erwarten ist, dass er die gezeigten Bilder kritisch einordnet oder für eine unvoreingenommene Diskussion sorgt. Wir wollen nicht, dass dieser Referent auf einer u.a. mit städtischen Mitteln finanzierten Veranstaltung antisemitischen Ressentiments Vorschub leistet “

Paech hatte 2010 an der Aktion Ship-to-Gaza teilgenommen, bei der mehrere Schiffe die von Israel verhängte Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen versucht hatten. Neben internationalen Friedensaktivisten hatten sich auch zahlreiche der Hamas nahestehende Islamisten an Bord befunden. Paech ist daneben immer wieder mit Aussagen an die Öffentlichkeit getreten, die die existenzielle Bedrohung des Staates Israel relativierten. So erklärte Paech vor einigen Tagen in einem Interview, die von Israel verschuldete Not gebäre „die Gewalt im Gazastreifen, wie sie sich im Abschuss von Raketen auf Israel äußert. Die Palästinenser haben keine andere Möglichkeit sich zu wehren“. Mit einer eindeutigen Verurteilung des terroristischen Regiments der Hamas und des Anschlags am 7. Oktober 2024 im Gazastreifen ist er bisher nicht aufgefallen.

Barbara Jessel, Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Kulturausschusses, ist enttäuscht: „Der Bahnhof Langendreer hat sich bisher immer für Vielfalt eingesetzt, etwa als Mitveranstalter des Festivals Ruhr International, in dem auch Gruppen mit sehr gegensätzlichen Ansichten neben einander stehen und zu Wort kommen. Eine derartig einseitige Ausstellung passt nicht zu diesem Anspruch der Vielfalt. Sie leistet dem Anliegen einer verständigungsorientierten Diskussion hierzulande einen Bärendienst. Sie konterkariert letztlich auch die Seminare, die der Bahnhof Langendreer später im Jahr zur Geschichte des Konflikts durchführen will. Leider hat es der Bahnhof Langendreer auch versäumt den Empfehlungen im Abschlussbericht des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen zu folgen und darauf zu achten, dass auch der israelbezogene Antisemitismus davon abgedeckt wird.“

Der Documenta-Abschlussbericht empfiehlt jüdischen Perspektiven Gehör zu geben und diese mitzubedenken, wenn es um den Umgang mit Antisemitismus geht, da diese mit den Auswirkungen von Antisemitismus direkt konfrontiert seien.

Barbara Jessel stellt daher die Frage: „Warum wurden im Vorfeld nicht jüdische Ansprechpartner mit einbezogen? Unser Fazit: Die Veranstaltung läuft der Resolution des Rates zum Schutz jüdischen Lebens in Bochum vom 14. Dezember 2023 zuwider. Wir fordern den Bahnhof Langendreer auf, die Ausstellung abzusetzen.“

 

Hintergrundinformationen:

  1. Die Veranstaltungsankündigung https://bahnhof-langendreer.de/guernica-gaza
  2. Der fachwissenschaftliche Abschlussbericht zur Documenta fifteen, welcher schwerwiegende Antisemitismusvorwürfe formuliert. https://www.documenta.de/files/230202_Abschlussbericht.pdf
  3. Ein Artikel der HNA zum Antisemitismus in der Ausstellung https://www.hna.de/kassel/vorderer-westen-ort140786/documenta-kunst-im-cafe-93250809.html
  4. Ein Bericht von Rias Hessen zu der Ausstellung, welche schon einmal in der Vergangenheit in Hessen stattfand https://rias-hessen.de/wp-content/uploads/2023/02/documentafifteen_Antisemitismus_fin.pdf
  5. Norman Paech https://de.wikipedia.org/wiki/Norman_Paech
  6. Ein weiterer Bericht von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) zur Ausstellung https://rias-hessen.de/wp-content/uploads/2023/02/documentafifteen_Antisemitismus_fin.pdf
  7. https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/video-1046419.html
  8. https://www.ruhrbarone.de/bochumer-kulturzentrum-bahnhof-langendreer-stellt-antisemitische-bilder-aus/237078/