Können wir Wohnraum schaffen, Gewerbe ansiedeln und gleichzeitig ein lebenswertes Stadtklima erhalten?
Wir wollen in Bochum auch im Jahr 2030 noch Wohnungen bauen, Gewerbe ansiedeln und eine gesunde Lebensumgebung mit Wald- und Grünflächen haben.
Die Fläche im Stadtraum ist endlich und nicht vermehrbar.
Wald- und Grünflächen sowie landwirtschaftliche Flächen sind unverzichtbar für ein gesundes Stadtklima und die Artenvielfalt, gerade in Zeiten der Klimaerwärmung.
Die stetig fortschreitende Versiegelung unserer Stadt und der Verbrauch von Grünflächen durch den Bau von Wohnungen, Gewerbe, Straßen etc. muss gestoppt werden, wenn wir in unserer Stadt weiterhin gut leben wollen.
Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag 2020 das Ziel einer Nettoneuversiegelung von Null im Jahr 2030 vereinbart. Das bedeutet: jede Fläche, die dann noch neu versiegelt wird, und jeder Wald, der dann gerodet wird, muss an anderer Stelle kompensiert – also begrünt bzw. wiederaufgeforstet werden.
Den Plan, in Bochum gerodeten Wald im Naturraum (Münsterländisches/Westfälisches Tiefland) zu kompensieren, lehnen wir ab. Das mag in der CO2-Gesamtbilanz stimmig erscheinen. Das Bochumer Stadtklima wird dadurch aber schlechter. Es wird noch heißer und trockener.
Es scheint auf ein Dilemma hinauszulaufen: Entweder Entwicklung von Wohnen und Gewerbe oder lebenswertes Stadtklima… Aber das ist nicht der Fall!
Für die Entwicklung des Bestandes und eine sparsame und effizientere Nutzung knapper Flächen!
Wir müssen die vorhandenen Flächen – seien sie städtisch oder privat, seien sie vorgenutzt oder bisher ungenutzt – viel intelligenter und effizienter nutzen. Gleichzeitig müssen wir viel mehr als bisher die Potenziale des Bestandes – sei es bei Wohnraum oder Gewerbe – heben. Wir fordern eine gemeinsame Kraftanstrengung, damit vor allem Wohnraum im Bestand wieder nutzbar gemacht wird durch Sanierungen. Wir müssen vorausschauend planen und proaktiv handeln. Das ist zwar der anstrengendere und oft auch teurere Weg. Aber er lohnt sich! Mark 51°7 ist im Grunde das beste Beispiel: Ohne eine gewaltige Anstrengung wäre die ehemalige Opel-Fläche heute entweder eine Brachfläche mit Zaun drum oder ein Logistikstandort mit wenigen Arbeitsplätzen und noch mehr LKW-Verkehr.
Wir haben über Monate hinweg die Karten studiert, sind vor Ort gegangen und haben viele ungenutzte Potenziale für Wohnen, Gewerbe und Entsiegelung/Begrünung identifiziert. Wir wollen einen Weg aufzeigen, wie wir die verschiedenen Ansprüche – Wohnen, Arbeiten, Grün – unter einen Hut bekommen können.
Konkret ermittelt haben wir:
- Flächen von insgesamt 67,5 Hektar, auf denen Wohnbebauung und 11,5 Hektar auf denen eine Nutzung für soziale Zwecke (Kitas, Schulen etc.) sinnvoll erscheint. Nimmt man einen mittleren Wert von etwa 80 Wohneinheiten pro Hektar an, könnten pro Jahr bis zu 800 Wohneinheiten entstehen. Bei einer effizienteren Nutzung der knappen Flächen könnte auch die doppelte Anzahl erreicht werden. Tatsächlich sind in den letzten 10 Jahren auch Wohngebiete mit 120 und mehr Wohneinheiten pro Hektar entstanden – mit Mehrfamilienhäusern, Reihen- und Einfamilienhäusern.
- 191 Hektar Fläche (zu ca. 90% vorgenutzt bzw. versiegelt), auf denen die Ansiedlung von Gewerbe sinnvoll erscheint. Das entspricht 4,2 mal der Fläche von Mark 51°7.
- 82 Hektar Fläche zur Waldkompensation, Begrünung bzw. Entsiegelung
Etwa zwei Drittel aller von uns ermittelten Flächenpotenziale sind bisher noch in keinem Projekt erfasst, stellen also neue Vorschläge da. Die davon für Bebauung (Siedlung, Gewerbe) als geeignet erscheinenden Flächen sind zum allergrößten Teil vorgenutzt bzw. schon versiegelt. Die Flächen liegen integriert und nicht am Rand auf dem Acker.
Das Ziel: Nettoneuversiegelung Null bis 2030
Mit unserem Vorschlag wollen wir im ersten Schritt eine politische Diskussion anregen. Mit einer Initiative im Rat wollen wir erreichen, dass die Flächenpotenziale neu bewertet werden. Wir werden die Stadt mit einer Reihe von Prüfaufgaben beauftragen. Daraus soll ein Strauß von Maßnahmen und Mechanismen erwachsen, mit denen wir die Nettoneuversiegelung bis 2030 schrittweise auf Null bringen, zum Beispiel:
- Die Stadt erwirbt Flächen von privat, um Nutzungen zu ermöglichen.
- Die Stadt widmet eigene Flächen um.
- Die Stadt wirbt Fördermittel für Flächenrecycling ein.
- Schaffung von Anreizen für eine Minimierung von Flächenverbrauch und die Entsiegelung von Flächen
Die Federführung hat dabei unser planungspolitischer Sprecher Fabian Krömling.