Rat verlängert Vertrag von Johan Simons

By 5. Mai 2022Kunst & Kultur

Der Rat hat mit großer Mehrheit den Beschluss des Verwaltungsrates des Schauspielhauses bestätigt, den Vertrag von Johan Simons als Intendant zu verlängern. Das positive Votum der Grünen Ratsfraktion begründete unser Fraktionsvorsitzender Sebastian Pewny in seinem Redebeitrag im Rat:

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

nie mehr zweite Liga! Was für unsere Jungs an der Castroper Straße gilt, muss auch für die Dramaturgie am Hans-Schalla-Platz gelten. Johan Simons und sein Ensemble im Schauspielhaus Bochum spielen in der ersten Theaterliga und erfüllen damit den Auftrag dieses Stadtrates.
Das Schauspielhaus Bochum folgt einer Vision als Theater ohne Grenzen und ohne Fesseln. Unser Theater ist ein Schauspielhaus im Herzen Europas, welches die Welt zum Gestalten einlädt. Von hier aus begreift sich Kunst als Motor der Veränderung und Bewegung. Ganz egal woher du kommst, ganz egal wer du bist, auch die Farbe der Haut interessiert hier nicht. Komm mit ins Schauspielhaus, denn da sind wir alle gleich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist diese Vision die Johan Simons mit Leben füllt, die zu ihm passt und die seine bisherige Intendanz prägt. Dabei war der Weg nicht immer einfach. Gerne erinnere ich an den Wasserschaden und die Pandemie, die dem Ensemble in der Verwirklichung dieser Vision immer wieder Steine in den Weg gelegt hat.
Johan Simons und sein Ensemble haben es durch zwei Jahre Pandemie hindurch geschafft, als Fels in der Brandung Kultur am Leben zu erhalten. Kultur lebt in uns allen, sie lebt vom Miteinander, vom gemeinsamen Erleben von Schauspielerinnen und Schauspielern sowie dem Publikum. In den vergangenen Jahren mussten Stücke, auf die wir uns alle gefreut haben ausfallen, vor begrenzen Zuschauern gezeigt werden, oder verkürzt dargestellt werden. Daran trägt nicht das Ensemble des Schauspielhauses Bochum die Schuld, sondern die Coronapandemie.
Ja es gibt Kritik an Johan Simons. Aber Kritik gab es auch an anderen Intendanten des Schauspielhauses. Vermutlich mussten sich fast alle Intendanten zu Leb- und Wirkzeiten der Kritik stellen. Das ist doch aber auch normal, denn Kultur lebt von Kritik. Kultur lebt von Provokation, vom Gang bis an die Grenze des Anstands, vom Ausprobieren, vom Intellektuellen und dem ganz leichten Stoff. Kultur lebt von Wiedersprüchen, muss der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Es gab Intendanten denen wurde nachgesagt, sie würden aus dem Schauspielhaus ein Volkstheater oder Arbeitertheater machen wollen und dann gab es Intendanten denen wurde angedichtet sie machen Theater für die oberen Zehntausend.
Fakt ist, dass Bochums Schauspielhaus mit Johan Simons zur Spitze der deutschsprachigen Theater gehört. Zahlreiche Auszeichnungen für Inszenierungen wie auch Preise für Mitglieder des Ensembles belegen das. Auch die Einladungen zum Berliner Theatertreffen zeigen das. Wer das Epidaurus-Festival im griechischen Amphitheater mit einer Inszenierung vor 14.000 Sitzplätzen eröffnet, der spiel in Liga Eins.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Johan Simons stellt sich seinen Kritikern. Innen wie Außen. In Zeiten von gesellschaftlicher Spaltung, von Hass, Neid, Hetze und Skandalisierung müssen wir mehr miteinander reden. Einander verstehen. Klare Worte in der Sache finden, aber auch wertschätzend miteinander umgehen. Wenn unsere Kultur nicht resilient gegen derartige Entwicklungen ist, dann verlieren wir viel mehr als nur einen Platz in der ersten Liga. Dann verlieren wir ein Stück von uns selbst.
Johan Simons verlässt mit seinem Ensemble das Theatergebäude im Ehrenfeld. Er geht dahin, wo die Lebensrealität der Bochumer stattfindet. In die Vereinsheime von Concordia Wiemelhausen und TuS Hordel. Johan Simons macht unser Theater internationaler und freier. Er sorgt für eine gute Mischung und zeigt im vergleichsweise hohen Alter Tatendrang, Fleiß und die Fähigkeit der Neuerfindung.
Er kommuniziert klar und direkt, stellt sich der Kritik und ist nicht auf den Mund gefallen. Kurzum: Johan Simons ist ein Bochumer geworden, einer von uns geworden. Und schon alleine deshalb verdienen das Ensemble und Herr Simons eine Chance in den kommenden drei Jahren zu vollenden, was sie gemeinsam in schwierigen Zeiten angefangen haben.
„Kunst kann der Welt Dinge erzählen, die anders nicht geteilt werden können.“ hat Wolodymyr Selenskyj bei der Biennale in Venedig gesagt. Er hat Recht. Wer die Freiheit liebt, der darf Kultur nicht beschränken. Wer Kultur liebt, der muss ihr Freiheiten gewähren, auch wenn es wehtut. Gerade wenn es wehtut. Auch dann, wenn es uns selbst nicht anspricht.