Unser Direktkandidat für den Bundestag, Jacob Liedtke, fordert die Aufarbeitung des Polizeieinsatzes bei der Demonstration gegen den Entwurf einer Novelle des NRW-Versammlungsgesetzes. Dabei kam es zu unvermittelten, gewalttätigen Angriffen auf friedliche Demonstrant*innen. Hunderte Menschen wurden über mehrere Stunden in einem Polizeikessel festgehalten.
Wenn Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet seine Ankündigung wahrmachen will, den Bund so zu regieren wie das Land NRW, ist dies ein Grund zur Besorgnis. Besonders deutlich wird dies an den Vorgängen rund um die Gesetzesinitiative zu einem neuen Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen. Auch die ehemalige Bürgerrechtspartei FDP bekleckert sich übrigens in diesem Kontext nicht gerade mit Ruhm.
Rechtssicherheit für das hohe Gut der Versammlungsfreiheit ist grundsätzlich ein erstrebenswertes Ziel. Allzu oft hat es in der Vergangenheit Unklarheiten über die Auslegung des Bundesversammlungsgesetzes gegeben, die dann vor den Verwaltungsgerichten ausgefochten werden mussten. So es ist begrüßenswert, dass die Zuständigkeit und Gesetzgebungskompetenz für politische Versammlungen im Jahr 2006 im Zuge der Föderalismusreform an die Länder überwiesen wurde. Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Berlin haben vorgemacht, wie liberale Versammlungsgesetze aussehen können. Die Versammlungsfreiheit wird hier in ihrer wichtigen Korrektivfunktion für eine parlamentarische Demokratie ernst genommen und umfassend geschützt.
Die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW allerdings hat einen fast durch und durch hanebüchenen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, das sich dieser Gestalt am ehesten als Versammlungsverhinderungsgesetz fassen ließe. So wird beispielsweise der Straftatbestand der Störung einer Versammlung bis Unkenntlichkeit diffus gemacht und willkürlich vorverlagert. Bereits die Teilnahme an einem Blockadetraining für symbolische Blockaden (die laut Urteil des OVG Münster ebenfalls unter Artikel 8 GG fallen und schützenswert und legitim sind) oder akustische Unmutsäußerungen gegen Aufmärsche von Neonazis könnten so als Störungen gewertet und strafrechtlich verfolgt werden. Weiterhin stellt die Gesetzesbegründung die weißen Maleranzüge der Klimabewegung in eine direkte Reihe mit braun uniformierten SA Aufmärschen, um einheitliche Kleidung bei Demonstrationen mittels des sogenannten „Militanzverbotes“ zu kriminalisieren. Außerdem werden Anmeldungen von Demonstrationen durch diverse Auflagen massiv erschwert und die polizeilichen Möglichkeiten zur Videoüberwachung unverhältnismäßig ausgeweitet.
Kein Wunder also, dass sich in NRW Widerspruch gegen dieses Versammlungsverhinderungsgesetz regt. Am Samstag mobilisierte das große Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“, dem unter anderem auch die Grüne Jugend NRW angehört, zu einer Großdemonstration nach Düsseldorf. Hier zeigte sich auf schockierende Art und Weise was passiert, wenn politische Versammlungen von Regierenden einzig als Störfaktor wahrgenommen werden. Teils vollkommen enthemmt verfolgte die Polizei eine nicht nachvollziehbare Eskalationsstrategie – offenbar mit dem Ziel die Demonstration nicht zu ihrem Endkundgebungsort, dem NRW Landtag, kommen zu lassen. Es kam zu unvermittelten, gewalttätigen Angriffen auf friedliche Demonstrant*innen, offenbar, weil diese ihre Transparente nach dem Dafürhalten der Einsatzleitung zu hoch hielten und damit angeblich gegen das Vermummungsverbot verstießen. Hunderte Menschen, unter ihnen offenbar beispielsweise auch Mitglieder der „Omas gegen Rechts“ wurden über mehrere Stunden in einem Polizeikessel festgehalten, weil einzelne Versammlungsteilnehmer*innen Pyrotechnik abgebrannt haben. Außerdem wurden Vertreter*innen der Presse körperlich angegangen und an ihrer Arbeit gehindert.
Diese Vorgänge sind ungeheuerlich und lassen große Fragezeichen in Bezug auf das Demokratieverständnis einzelner Polizeibeamter und Entscheidungsträger*innen zurück. Es ist deshalb richtig, dass die Grüne Fraktion im Landtag eine aktuelle Stunde zu den samstäglichen Vorgängen beantragt hat. Auch als Bundestagskandidat mit einem politischen Schwerpunkt in der Innenpolitik fordere ich lückenlose Aufklärung über diesen Angriff auf das Recht auf freie Versammlung! Weiterhin muss der öffentliche Druck auf die Pläne für das Versammlungsverhinderungsgesetz größer werden und auch die lokalen Akteure der beteiligten Parteien sind dazu aufgerufen, sich hier zu positionieren!