Wie Städte mit ihrem eigenen Grund und Boden umgehen, ist in den letzten Jahren zur Schlüsselfrage für deren nachhaltige und am Wohl der Allgemeinheit ausgerichtete Entwicklung geworden. Wenn der Rat der Stadt Bochum am 26.08. die Vorlage der Verwaltung mit dem Titel „Neuausrichtung der Bodenpolitik und Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht“ beschließt, erfüllt sich nicht nur eine wesentliche Forderung der Bochumer Grünen zur Kommunalwahl. Auch der Deutsche Städtetag und das Deutsche Institut für Urbanistik forderten schon vor Jahren eine gemeinwohlorientierte Wende beim Umgang mit öffentlichen Flächen.
Dem liegt das seit der Finanzkrise geschärfte Bewusstsein zugrunde, dass Boden keine vermehrbare Ware ist und es sich bitter rächt, wenn er beliebig veräußert oder als Spekulationsobjekt gehandelt werden darf. Das lässt sich an den rapide steigenden Preisen für Grundstücke und damit auch den Mieten in den Städten ablesen. In Zeiten niedriger Zinsen werden Renditechancen zunehmend im Immobiliensektor gesucht. Und das verstärkt von reinen Finanzmarktakteuren, die kein Interesse an nachhaltiger Stadtentwicklung haben. Die Städte verlieren so die Möglichkeit ihre eigene Entwicklung anhand sozialer oder ökologischer Ziele zu gestalten. Einige Städte steuern bereits entgegen und setzen auf eine aktive öffentliche Bodenpolitik.
Ein wirklicher Meilenstein wird nun mit dem Ratsbeschluss erreicht. Als Steuerungsinstrument für eine integrierte, strategische Stadtentwicklungsplanung werden ihn die Grünen aus voller Überzeugung mittragen. Städtische Grundstücke sollen demnächst auch in Bochum vorrangig nicht mehr verkauft, sondern zu sozial ausgewogenen Konditionen im Erbbaurecht veräußert werden. Gleichzeitig wird der Erbbauzins für Wohnbauflächen von 4 auf 2 Prozent gesenkt, für öffentlich geförderten Wohnraum sogar auf 1 Prozent. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Verkauf von Flächen ist neben dem Vermögenserhalt, dass in Erbbauverträgen eine Bindung an gemeinnützige, soziale oder etwa sportliche Zwecke festgelegt werden kann.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat, Barbara Jessel, erklärt dazu:
„Bochum muss aus vielerlei Gründen die Hand auf den eigenen Flächen halten: So können mehr geförderte Wohnungen gebaut werden und tragfähige Gewerbestrukturen entstehen. Wir können damit die soziale, kulturelle und technische Infrastruktur besser in Schuss halten. Und wir können so leichter in Eigenregie für Klimaschutz und Klimaanpassung sorgen. Der Vorrang des Erbbaurechts bedeutet: wir erhalten unser städtisches Tafelsilber für künftige Generationen und wir gewinnen ein Instrument, um die Stadt ökologisch und sozial zu entwickeln.“
Pierino Cerliani, strukturpolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion, hebt hervor, dass auch bei der Vergabe von städtischen Gewerbeflächen künftig häufiger nach Erbbaurecht vergeben werden kann. „Sollten sich einzelne Gewerbeflächen dennoch nur durch Verkauf vermarkten lassen, wird sich die Stadt Vorkaufs- bzw. Rückkaufsrechte sichern. Die Stadt kann so sicherstellen, dass Flächen nicht durch Weiterverkäufe auf nachteilige Weise genutzt werden, etwa wenn ein hoher Flächenverbrauch mit einer geringen Zahl an Arbeitsplätzen einherginge“, erläutert Cerliani.